Ja, ich will

Stammtischkämpferin werden und folge dem Aufruf von Aufstehen gegen Rassismus und mich in der Argumentation gegen rechtspopulistische, rassistische, schlicht ausgrenzende Reden verbal gut und vor allem ruhig wehren zu können. Nicht nur für mich, sondern auch für Menschen, die dies aus unterschiedlichsten Gründen nicht können. So meine Intention. Auch, weil ich Teil von Frauen* gegen die AfD bin und immer wieder auf der Suche nach konkreter Nahrung bin, für das Zusammentreffen zwischen vermeintlichen Nicht-Rassist*innen, die „doch wohl mal etwas [sic] sagen dürfen“ und mir.
So war ich doch davon ausgegangen, dass ich die anberaumten sechs Stunden eher zuhören werde, als das, was wir 19 Teilnehmenden tatsächlich taten. Denn, wir haben uns nicht im klassischen Sinn schulen lassen, sondern gemeinsam an unseren verbalen Strategien gearbeitet. Die beiden Trainer*innen gaben uns einfache Vorgaben, wir teilten uns in kleine Gruppen á vier Personen und schon gings los. In diesen Kleingruppen haben wir uns erzählt, warum wir an dem Workshop teilnehmen, wo wir unsere Schwierigkeiten/Hemmnisse sehen oder spüren beim Umgang mit den Menschen, die meinen eine rechte Ideologie auszuposaunen zu müssen. Und wir dies eben nicht (mehr) stehen lassen wollen.
In meiner Gruppe hat ein Teilnehmer berichtet, dass er im Baugewerbe arbeite und dort ein solch rüder, gar menschenfeindlicher Umgangston von Führungskräften herrsche, dass er bereits beim Betriebsrat sowie der Geschäftsführung vorgesprochen habe. Dies jedoch hat nichts an Verbesserung für seine ausländischen Kollegen (Kolleginnen hat er nicht) eingebracht und er sich nun verbal eben besser aufstellen möchte – auch auf die Gefahr hin, seine Anstellung zu riskieren, sobald er den Mund zu weit aufmacht. Doch da hängt der Hase im Pfeffer: Wo Not an Fachpersonal ist, und der Bedarf an dieser Arbeit groß, da duldet dann ein Unternehmen auch rassistische Sprüche mit Relativierung á la „lass ihn doch, der meint das nicht so“ oder „ach, der XX, der ist halt so. Macht aber einen prima Job“.  Jedenfalls hat sich Max (Name geändert) mit uns darüber ausgetauscht und wir haben die wirklich menschenverachtenden Aussagen „auseinander genommen“ und nach Lösungsmöglichkeiten gesucht. Dazu kam der Hinweis einer Mitstreiterin, sich eine externe Meldestelle zu Hilfe zu holen, wenn selbst der Betriebsrat nicht reagiert. Oder auch, einen neuen Kollegen einzustellen, der seine Erlebnisse aufschreibt und veröffentlicht. Lautes Appell-Geräusch, schreibende Zunft. Ihr hört das?!

Dies dient nur einem Beispiel, was dieser Workshop kann. Nicht nur sich selbst mit Argumenten stärken, sondern durch das gemeinschaftliche Tun auch neue Erkenntnisse für sich gewinnen. Und sich erneut bestärken, jetzt oder weiterhin, den Mund und zumindest ein „Ich finde nicht gut, was du gerade gesagt hast“ zu hinterlassen. Und sich an die Seite der Betroffenen stellen – denn Solidarität ist das, was wir neben dem Erhalt unserer Demokratie am meisten benötigen.

S. Petra