HEIL KRÄUTER! Bohnenkraut, Estragon und Lavendel als Mittel gegen Rechts 


Wie man Frust und Wut produktiv verwandeln kann, zeigten die „Omas gegen Rechts“ aus Werder an der Havel am vergangenen Samstag, dem Tag vor der Landtagswahl in Brandenburg. Die 11 Omas und 4 (im Namen mitgemeinten) Opas überlegten sich eine Aktion, die die AfD-Angriffspolitik der Spaltung, Ausgrenzung und ideologischen Verrohung mit bissigem Witz kontert. 

 

Auf dem „Festival für ein weltoffenes Werder“ verteilten sie „Heil Kräuter!“ – kleine Tütchen mit Rosmarin, Salbei oder Bohnenkraut, versehen mit Etiketten in Nazi-Frakturschrift. Die Heilwirkung der Kräuter wurde dabei humorvoll umgemünzt – auf die Symptome, an denen derzeit leider auch viele Bewohner:innen der idyllischen „Obstblütenstadt“ leiden. 

 

Lavendel beruhige und nehme die Angst vor Fremden, erklärt Karin Sinoradzki einer Besucherin des Festivals. Estragon helfe gegen geistigen Durchfall, fügt Barbara Knöll hinzu, „außerdem schmeckt es toll zu Fischgerichten.“ Die Kräuter hatten die Omas selbst geerntet, auf Wäscheleinen getrocknet und verpackt. Ihre Idee: Wer neugierig ist und die Etiketten liest, wird ins Gespräch verwickelt. Und ihr Plan ging auf. 

„Manche haben sich vor dem Stand kaputtgelacht und einer hat gesagt, es sei das Genialste, was er seit langem gesehen hätte“, erzählt die männliche Oma Hajo Knöll. „Manche wurden sogar zu uns geschickt, um sich das anzuschauen.“ Es gab auch die erhofften Gespräche, auf die sich die Omas mit der Lektüre des 68-seitigen Landeswahlprogramms bestens vorbereitet hatten. Ursula Löbel sagt: „Viele fallen auf die billigen Parolen rein, weil sie das Wahlprogramm der AfD nicht lesen.“ Knöll ergänzt: „Außer einem wirtschaftlich unsinnigen, völkischen Fiebertraum macht die AfD dort Versprechungen, die nicht in der Kompetenz der Landesregierung liegen oder unbezahlbar sind.“ Es gäbe keinen einzigen Vorschlag zur Finanzierung, außer Jugendheime zu schließen und Wohlfahrtsorganisationen Fördermittel zu streichen. 

Die Omas gegen Rechts sind ein Dorn im Auge der Rechtspopulisten. AfD-Spitzenkandidat Hans-Christoph Berndt ätzte im Wahlkampf: „Diese debilen Omas gegen Rechts werden wir in die Wüste schicken [...] mit denjenigen, die wir remigrieren!“ Ursula Löbel antwortete von der Festivalbühne aus, dass es die AfD deutlich leichter hätte, ihre Gegner:innen in die Wüste zu schicken, weil sie den Klimaschutz ganz abschaffen würde – die Versteppung habe in Brandenburg längst begonnen. Und blaue Kamele gäbe es dort ohnehin schon. 

 

Die Omas gegen Rechts wollen sich ihren Humor auch nach dem Wahlerfolg der AfD bewahren. Karin Sinoradzki: „Nächstes Jahr ist Bundestagswahl. Da müssen wir uns ja auch kümmern!“ Die Omas sind sich einig: Es gibt nichts Besseres, als sich gegenseitig zu unterstützen, die eigene Stimme zu verstärken und aktiv gegen Hass und Rassismus vorzugehen. „Wir fühlen uns so jung wie lange nicht!“ 

Text & Fotos: Stefanie Urbach